Tipps für Eltern von Schülerinnen und Schülern



Die Autoren dieser Lerntipps empfehlen:
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Eltern-Ratgeber

Immer wieder findet man im Internet aber vor allem in seiner Mailbox sogenannte "Eltern-Ratgeber", in denen angeblich Experten die Lösung für alle Erziehungsprobleme anbieten. Manche versteigen sich sogar zu einer "Bedienungsanleitung
für Ihr Kind
" und versprechen eine "Erziehungs-Notfall-Fibel"! Neben den Wundermethoden, die dort angeboten werden, findet man vor allem Versprechen und Behauptungen, die schon allein auf Grund ihrer Absolutheit auch von Laien als Unsinn entlarvt werden können. Dort heißt es z.B.

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Nie mehr Stress mit den Hausaufgaben meines Kindes!

Schon dieses Versprechen des "Nie mehr Stress" unterstellt zuerst einmal, dass es überhaupt Stress gibt, was natürlich so generell nicht zutrifft, zumal hier der Begriff Stress in einer äußerst unpassenden Weise verwendet wird - siehe dazu das Arbeitsblatt Stress. Und jeder Erziehende weiß, dass es in der Erziehung kein "Nie mehr" gibt, denn Erziehung - und das macht auch ihren Reiz aus - bietet immer wieder Neues und Überraschendes. Im Positiven wie auch wesentlich seltener im Negativen. Evolutionär bedingt spielt hier das Gedächtnis manchen Eltern einen Streich, indem es sich besser an weniger gute Situationen erinnert als an die gelungenen.

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Auch das weiß jeder Erziehende: Erziehen ist nie einfach und daher gibt es auch keine einfachen Methoden und Lösungen, zumal sich Erziehung jeden Tag neu interpretieren muss.

Sichern Sie sich GRATIS den großen Spezialreport!

Auch hier sollte man vorsichtig sein, denn manches ist natürlich gratis und kostet zunächst nur einen Klick auf einen Download-Button, wobei der meist mit der Eingabe einer Email-Adresse verbunden ist, an die dieser "Spezialreport" gesendet wird. Oft wird man dazu gedrängt, sich für einen Newsletter anzumelden, wodurch sicher gestellt ist, dass man in seiner Mailbox regelmäßig mehr oder weniger umfangreiche bunte Nachrichten über weitere bahnbrechende Methoden findet, die man als Erzieher unbedingt im Alltag benötigt. Und diese sind in der Regel dann nicht gratis bzw. wird in den den Spezialreports meist nur das Thema angerissen, die Lösungen sind dann in kostenpflichtigen Elternbriefen oder Broschüren zu finden. Es soll hier nicht behauptet werden, dass in diesen Ratgebern Falsches oder Unsinniges steckt, aber es sind häufig Trivialitäten, die für den Einzelfall - und jedes Kind ist einzigartig - erst recht wieder adaptiert werden müssen. Meist reicht eine positive Einstellung der Eltern aus, um die gestellte Erziehungsaufgabe zu bewältigen. Von einer solchen positiven Einstellung ist aber in solchen Newslettern natürlich nicht die Rede - im Gegenteil:

In fast allen dieser Nachrichten werden "Krisen" oder "Katastrophen" oder "Notfälle" beschworen, die Erziehung angeblich so mit sich bringt und für die dann weitere Ratgeber und Broschüren zu moderaten Preisen angeboten werden. Es ist zwar unbestritten, dass Erziehung heute kein einfaches Unterfangen ist, aber das war es ohnehin nie und wird es auch nie sein. Aus psychologischer Sicht sind solche Etiketten, die auch marketingtechnischen Gründen verwendet werden, wohl eher schädlich, denn wenn man einmal Erziehung als krisenhaft oder als katastrophal betrachtet, dann ist es kein Wunder, wenn sich Krisen und Katastrophen im Sinn einer selbsterfüllenden Vorhersage einstellen.

Besonders ärgerlich aus psychologischer Sicht ist die Kampf- und Kriegsrhetorik, die dabei verwendet wird. Ein besonders typisches Beispiel ist etwa "Vorsicht! Teufelskreis Lernfrust. Sagen Sie dem Lernfrust den Kampf an!" oder "Leidet Ihr Kind unter den 3 L: Lernfrust, Lernblockaden, Lernchaos?" oder "Der tägliche Kampf um die fehlende Motivation beim Lernen" oder "Versinkt Ihr Kind im Lernchaos?". Ein Newsletter kam auch explosiv daher: "Pulverfass Pubertät? Mit der GRATIS-"SOS-Notfall-Fibel" wird 2013 ein gutes Jahr für Ihre Familie".

Ein anderer Ansatz sind "die besten Zaubermittel gegen Konzentrations-Störungen, Lernprobleme, Stress, ADHS ...

Lassen Sie sich die "besten Zaubermittel von Mutter Natur" für Ihr Kind jetzt nicht entgehen! Wir schenken Ihnen heute unseren exklusiven Eltern-Ratgeber zur Stärkung der Kinderseele, damit Ihr Kind wieder aufblüht!"

Allein auf diesen Lerntipp-Seiten finden Eltern so ziemlich alles, was für den Erziehungsalltag notwendig ist - und das garantiert gratis und ohne jegliche Verpflichtung. Auch wenn hier das Schwergewicht auf dem schulischen Alltag liegt, werden in vielen Punkten allgemeine Erziehungsfragen angesprochen. Zudem gibt es ein Elternforum, auf dem man Fragen stellen und mit anderen Eltern diskutieren kann.

Daher Vorsicht vor solchen Versprechen und seinen gesunden Menschenverstand einschalten, bevor man etwas kauft bzw. sich zu etwas verpflichtet!

Grundsätzliches zu Ratgebern und zur Ratgeberliteratur

Die Elternschaft wird heutzutage durch den medialen Einfluss - auch durch diese Texte ;-) - zunehmend professionalisiert, sodass ein rein intuitiver Umgang mit den eigenen Kindern angeblich nicht mehr zu reicht. Den zahlreichen Fragen werdender und seiender Eltern stehen noch zahlreichere Antworten diverser ExpertInnen gegenüber, etwa in Form von Ratgeberliteratur, von Elternforen usw. Die Menge der Ratgeberliteratur hat stark zugenommen, wobei in vielen Fragen des alltäglichen Lebens - nicht nur innerhalb der Familie - eine Verwissenschaftlichung und Professionalisierung erfolgt ist und Traditionswissen abgewertet und durch Wissen von ExpertInnen ersetzt wird.

Allerdings verändert sich dieses Expertenwissen unter dem Eindruck neuester Forschung natürlich immer wieder, sodass es einen Zwang zu permanenter Neuorientierung auch in der Ratgerberliteratur kommt, der zwangsläufig zu Unruhe, Angst und neuen Fragen bei Eltern führt, die ebenfalls beantwortet werden müssen. Eltern stehen auch häufig unter einerm moralischen Druck, in jeder Situation alles richtig zu machen, zur gleichen Zeit aber auch den ExpertInnen nicht mehr uneingeschränkt zu vertrauen, denn zu jeder Expertise gibt es bekanntlich eine Gegenexpertise, sodass sich ratsuchende Eltern in einem weiten Areal widersprüchlicher Informationen zurecht finden müssen. Ein Mehr an fachlicher Information bringt daher nicht zwangsläufig ein Mehr an Orientierung, wobei Ratgeber heutzutage wohl immer häufiger dazu dienen, im Nachhinein eine Absicherung für das eigene Handeln zu liefern.

Manche Gurus im Bereich der marktgängigen - um nicht zu sagen, marktschreierischen - Ratgeberliteratur geben Eltern letztlich wenig konkrete Informationen zu Erziehungsmaßnahmen, da sie hauptsächlich versuchen, diese moralisch zu entlasten und die Schuld an Erziehungsproblemen oft einseitig den Kindern zuzuschreiben. Die verwendeten Beispiele der Interaktionen zwischen Eltern und Kindern dienen ausschließlich dazu, die LeserInnen emotional zu beeinflussen, wobei die pädagogische Argumentation stets unvollständig bleibt und nur die Logik dieser Pseudo-Pädagogik plakativ gestützt werden soll. Die Situation werden in den Ratgebern ohne ihren Kontext geschildert, d. h., man erfährt nur die Fälle ohne Rahmenbedingungen oder Vorgeschichte. In den Ratgebern wird ein defizitäres Bild des Erziehers gezeichnet und unterstellt, die Eltern möchten am nur einfache Rezepte, die ihnen Antworten auf ihre Hilflosigkeit geben. Die dann gezeichneten Eltern sind daher schwach, unsicher, keine Erzieherpersönlichkeiten bzw. Vorbilder oder nachahmenswerte Modelle für ihre Kinder. Viele AutorInnen in diesem Bereich haben übrigens keine einschlägigen Studien aus Pädagogik und Psychologie vorzuweisen, sondern kommen im besten Fall aus fachlichen Randbereichen. Sabine Jahn (2012, S. 234) schreibt dazu: "Die Autoren der Erziehungsbücher werden durch diese elterlichen Vorstellungen zu moralischen Instanzen, die festlegen, was für die kindliche Entwicklung förderlich oder abträglich ist, zumeist ohne ihre Erziehungsmittel und die Auswirkungen auf die Eltern-Kind-Beziehung kritisch zu reflektieren. Sie argumentieren über Moral und empfehlen häufig autoritäre Erziehungsmittel, um die Defizite umgehend zu lösen. Der Wunsch der Eltern nach pädagogischen und psychologischen Erkenntnisse wird oft nicht erfüllt; es wird sogar argumentiert, dass Psychologie die Defizite noch verstärke,die Erziehungsbücher geben nur selten konkrete und wertfreie Informationen."

Daher kann man mit einem Rat an Eltern eher nicht falsch liegen, mehr den eigenen Gefühlen zu vertrauen und sich auch mit dem Wissen der eigenen Elterngeneration argumentativ auseinanderzusetzen.

Literatur
Jahn, S. (2012). Reflexionen über Erziehung in populärwissenschaftlichen Ratgebern - Eine Analyse der elterlichen Implementierung von pädagogischen Argumentationen in den Erziehungsalltag. Pädagogischen Hochschule Weingarten.
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